L’Alpe 57 : Val d’Abondance – im Tal der Fülle

Übersetzung  : Christiane Krieger

L’Alpe ist die erste Zeitschrift, die sich ausschließlich dem alpinen Kulturerbe Europas widmet, und wendet sich an eine Leserschaft, die ihren Wissenshorizont erweitern und hinterfragen möchte. Ihr Ziel  : über Sprachbarrieren hinweg informieren. Als Forum für Entdeckungen und Begegnungen richtet L’Alpe das Augenmerk auf die Menschen, die sich zwischen Donau und Rhône einem einzigartigen Lebensraum angepasst haben. L’Alpe weist sowohl Merkmale eines Buches als auch eines Magazins auf  : Auf der einen Seite enthält L’Alpe Beiträge renommierter Autoren zu einem thematischen Schwerpunkt, die sich durch analytische Klarheit und ein hohes Niveau auszeichnen. Auf der anderen Seite erscheint L’Alpe in vierteljährlichen Abständen und bietet so hinreichend Raum für Diskussionen. Auch die vielseitige Illustration, die journalistische Neugier und der didaktische Ansatz sind Kennzeichen eines anspruchsvollen Magazins. Obwohl L’Alpe sich auf ein solides Faktenwissen stützt, erhebt die Zeitschrift keinen wissenschaftlichen Anspruch  ; Geschichte, Geographie, Archäologie und Ethnologie dienen als Rahmen, um Spuren und Zeugnisse, welche die Menschen im Alpenraum hinterlassen haben, richtig einordnen zu können. Doch L’Alpewendet den Blick nicht nur in die Vergangenheit, sondern ist auch offen für Diskussionen über die Zukunft der Alpen und der Gebirgsregionen in aller Welt.

Lokalgeist

Das Val d’Abondance hat seine Andersartigkeit gegenüber seinen großen Nachbarn – dem Faucigny und dem Genevois – stets hochgehalten. Zwischen Genfer See und Rhone-Tal, fernab der großen transalpinen Verkehrsadern, bildet das Tal fast eine Art Enklave – ein Umstand, aus dem sich eine einzigartige politische Sensibilität herausbildete. Dass eine Angleichung nicht ohne Debatten erfolgte, liegt auf der Hand : Die Geschichte eines ausgesprochen eigen-sinnigen Gebiets im Spannungsfeld zwischen Bewahrung und Entwicklung, lokaler Identität und Öffnung.

Verliebt in eine Hexe in Abondance

Sie wurde bei lebendigem Leib verbrannt, sozusagen um das Gemeindebudget zu sanieren… Diese düstere Episode beleuchtet die besonderen Sitten des Tales zu Beginn des 16. Jahrhunderts, das damals schon auf seine Privilegien und Freiheiten pochte.

Eine Grenze, die verbindet !

Was auf den ersten Blick paradox erscheint, ist im Val d’Abondance, das sich mehr zur Schweiz und zum Kanton Wallis hin öffnet, denn zu Thonon und Frankreich, eine sowohl geografische als auch historische Realität. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich in diesem Grenzgebiet nach beiden Richtungen ein steter Austausch von Menschen, Ideen und Waren.

Ein eidgenössischer Blickwinkel

Ist das Val d’Abondance in den Augen einer Walliserin exotisch ? Welchen Blickwinkel hat man, wenn man von der Schweiz kommend in dieses benachbarte und doch so fremde Tal gelangt ? Sehr persönliche Eindrücke einer tastenden Entdeckungsreise auf dem schmalen Grat zwischen Verwandtschaft und Andersartigkeit.

Neuauflage : Reise in ein junges Land

Im 19. Jahrhundert verirrten sich nur sehr vereinzelt Schriftsteller in das Val d’Abondance. Umso kostbarer der Reisebericht Francis Weys aus dem Jahr 1865 : auf Geheiß des Präfekten macht sich der Literat und Archivar auf den Weg, die Haute-Savoie zu durchmessen, «  die merkwürdigste Region Frankreichs, wenn nicht Europas  », um dieses neue Departement seiner Leserschaft vorzustellen. Ein ebenso lehrreiches wie lebhaftes Dokument, das der Autor, wie er selbst betont, völlig zwanglos verfasst hat. Extrakt.

Porfolio : Hemme deine Flügel, Zeit !

Der Fotograf Pierre Vallet lässt uns die verborgenen Kostbarkeiten eines Val d’Abondance entdecken, dessen archetypischer Charakter wohl eher eine Serie von Klischees erwarten ließe. Bilder wie flüchtige Augenblicke der Wonne : detailreich, feinsinnig und nuanciert, festgehalten in den Stunden, in denen auch gewöhnliche Sterbliche vergessen der Spur der Tage zu folgen und einfach nur den Moment genießen …

Praktisch : Wanderwege um Abondance

Um das Kulturerbe des Tals auf Seitenwegen zu erkunden, bieten sich mehrere Wanderrouten an. Eine Reiseaufforderung.

Abondance AOC – ein Blick hinter die Kulissen

Seit bald 23 Jahren erfreut sich der Käse aus dem Val d’Abondance des Gütesiegels AOC. Ein Sieg, der alles andere als leicht errungen wurde ! Zwischen traditioneller Erzeugung und kommerziellen Erfordernissen entstand so manche Debatte. Der Streitpunkt : die Ausdehnung des Erzeugungsgebiets über Haut-Chablais hinaus. Heute hält der Abondance einen Ehrenplatz unter den Käseerzeugnissen des Savoyen.

Erdverbundene Architektur

Mit seinen kunstvoll geschnitzten Balkonen folgt das charakteristische Holzhaus des Val d’Abondance einer eigenwilligen und für den Alpenraum einzigartigen Architektur, die von einer engen Beziehung zwischen den Menschen und der sie umgebenden Landschaft zeugt. Um den Erfordernissen des Wohnens im dritten Jahrtausend gerecht zu werden, müsste sich die einstige schöpferische Kraft, die sich dahinter verbirgt, heute allerdings neu erfinden.

Vier Jahreszeiten

Die Bewohner des Val d’Abondance sind begeisterte Sänger und Musikliebhaber. Ob mehrstimmige Gesänge, Fanfaren, Akkordeon, Choräle oder den eidgenössischen Nachbarn entlehnte Volksmusik : des Reichtums ihres musikalischen Kulturerbes sind sie sich oft gar nicht bewusst … Ein kleines Inventarium der Tonspuren in einem ungewöhnlichen Grenzgebiet.

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